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Tausche Gummibärchen gegen Drachenmedizin

Wie sag ich’s meinem Kind? Wenn Mütter eine Brustkrebsdiagnose erhalten, stehen sie vor der schwierigen Aufgabe, ihren Kindern die Krankheit und deren mögliche Folgen zu erklären. Auch Miriam und ihr Mann Christian fürchteten, im Gespräch mit ihrem Sohn Noah nicht die richtigen Worte zu finden. Ein Kinderbuch, in dem es um eine kranke Prinzessin, einen glorreichen Ritter und kostbare Drachenmedizin geht, half ihr dabei.

„Kinder sollten früh von der Erkrankung ihrer Mutter erfahren“, rät Marietta Kaßner, eine von zwei Breast Care Nurses im Euregio-Brust-Zentrum am St.-Antonius-Hospital. Abhängig von Alter der Kinder, kann man mit ihnen mehr oder weniger detaillierte Informationen zur Diagnose „Brustkrebs“ teilen. „Die Kinder verstehen ja schon früh, was Krankheit bedeutet“, sagt die Fachbegleiterin für Brusterkrankte. „Außerdem spüren sie, dass etwas nicht stimmt. Der offene Umgang mit dem Thema stärkt das Vertrauen zu den Elternteilen und hilft den Kindern, die Situation besser einzuordnen.“

Anschaulich und kindgerecht

Auch Miriam und ihr Mann Christian standen im Januar vor der schwierigen Aufgabe, mit dem vierjährigen Noah über Miriams Brustkrebserkrankung zu sprechen. „Wir wollten ihm erklären, wie sich unser und damit auch sein Alltag verändern wird“, sagt Miriam, „dass ich manchmal ein bisschen müder sein werde und dann nicht mit ihm spielen kann.“

Geholfen hat den Beiden ein Kinderbuch von Dr. Anna Büntge, das in fröhlichen Farben viel von der Beklemmung nehmen soll, die im Allgemeinen rund um das Thema herrscht. In „Tausche Gummibärchen gegen Drachenmedizin“ geht es um Lena, die gerade fünf Jahre alt ist, als sich ihre Mutter vor der Chemotherapie die Haare abschneidet. Um ihrer Tochter die Angst vor der bevorstehenden Therapie zu nehmen, erfindet Lenas Mutter eine Geschichte, in der eine Prinzessin dank einer geheimnisvollen Drachenmedizin vom Krebs geheilt wird.

„Das Buch hat uns deshalb gut gefallen, weil die Geschichte mit Rittern und Drachen so gut in Noahs Spielrealität passte“, erklärt Miriam. Ritter und Drachen fand der Vierjährige ohnehin cool und so kam die Story gut an. „Wir haben ihm erklärt, dass es mir so wie der Prinzessin geht“, sagt Miriam, „das fand er ok.“ Nur die Sache mit dem Drachen war nicht ganz so einfach zu vermitteln. Drachen gibt’s zwar nicht, aber es gibt Menschen, die wissen, wie das mit der Drachenmedizin geht, erklärten sie ihm. „Dafür musste dann Herr Humberg (Oberarzt im Euregio-Brust-Zentrum, Anm. d. Red.) mit einem Foto herhalten“, lacht Miriam.

Kurz vor der OP feierte die Familie dann ein großes Ritterfest im Garten. Wie im Buch. „Für uns drei war dies ein besonderer Moment, in dem es darum ging, wieder nach vorn zu blicken.“

Den Familienalltag entstressen

Das Buch um die kranke Prinzessin, den stolzen Ritter und hilfsbereiten Drachen wurde zu einer wichtigen Erklärungshilfe, die Noah gut umsetzen konnte. „Er fragte mich dann: Bekommst du heute wieder deine Drachenmedizin?“, erzählt Miriam, „dann wusste Noah, dass er heute etwas mit Freunden oder seinem Vater unternehmen würde.“ So bekam Miriam immer wieder ihre Auszeit, „in der ich mich mal nicht zusammenreißen musste“, wie sie zugibt.

„Tausche Drachenmedizin gegen Gummibärchen“ ist eines von vielen unterstützenden Angeboten, die es für krebsbetroffene Eltern gibt. Neben weiteren Kinderbüchern, Broschüren und kindgerechten Videos zum Thema, können sich Eltern auch persönlich beraten lassen. Meist sind die Fachbegleiterinnen für Brusterkrankte gute, erste Ansprechpartnerinnen.

Miriam und Christian haben es mit Hilfe des Buches geschafft, ehrlich mit ihrem Sohn Noah umzugehen aber trotzdem dafür zu sorgen, dass die Krankheit nicht seinen Alltag beherrscht. „Denn das war uns besonders wichtig.“

Foto: Dr. med. Anastasia Fleuster, Oberärztin und Sektionsleitung Brustzentrum