Unser Foto zeigt Sarah Beer (5. von rechts) mit ihrem Team der mobilen Palliativ-Versorgung
„Die meisten Menschen wissen gar nicht, was sich hinter der Bezeichnung `Palliativ` verbirgt, weil sie sich gar nicht oder viel zu spät damit beschäftigen. Es ist nun mal nach wie vor eines der großen Tabuthemen in unserer Gesellschaft.“ Das berichtet Sarah Beer, Pflegedienstleiterin des ServiceZentrums Häusliche Pflege (SHP) im St.-Antonius-Hospital (SAH). „Palliativ-Versorgung ist eben kein Todesurteil, wie viele glauben, sondern ein wichtiger Teil einer besonderen medizinischen Versorgung für Menschen mit chronischen schweren Erkrankungen. Wenn solche schweren Erkrankungen zu einer hohen Symptomlast führen, dann ist es das Hauptziel, Schmerzen zu kontrollieren oder zumindest zu lindern. Das können beispielsweise starke Übelkeit oder Luftnot sein.“ Das bestätigt auch Sarah Beers Mitarbeiterin Anne Kreys, die über jahrelange Erfahrungen als Palliativ-Fachkraft verfügt: „Wir schaffen durch unsere Betreuung ein Stück Lebensqualität, damit Patientinnen und Patienten ihr restliches Leben so gut wie möglich verbringen können. Wenn es dann wirklich aufs Sterben zugeht, dann sind wir natürlich auch da und begleiten entsprechend. Ein großer Teil unserer Arbeit ist psychologische Betreuung. Unsere Patienten sollen aus rein medizinischer Sicht gut symptomkontrolliert sein, wir nehmen aber auch Ängste.“
Das SHP begann ab Januar 2023 mit der Palliativ-Versorgung für den Einzugsbereich Eschweiler. „Dafür haben wir die personellen Voraussetzungen geschaffen“, so Sarah Beer. „Wir waren zunächst mit zwei Palliativ-Fachkräften und einer Verwaltungskraft am Start, erweiterten unseren Personalstamm aber rasch mit vier weiteren Palliativ-Kräften. Wir betätigen uns unter dem Dach der städeteregionalen HomeCare Aachen und sind Kooperationspartner sowie wichtiger Baustein des Gesamtangebotes des Palliativ-Netzwerks Stolberg-Eschweiler. In diesem Netzwerk arbeiten geschulte Pflegedienste, qualifizierte niedergelassene Mediziner und viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mit. Unser ambulanter Dienst ist ein eigenständiger Teil des Netzwerkes.“
Heutzutage wünschen sich drei von vier Deutschen, nicht im Krankenhaus zu sterben. Palliativpflege ist daher eine Maßnahme, um ein würdevolles Altern in heimischer Umgebung zu ermöglichen. Wo aber finden Interessierte erste Anlaufstellen für eine Beratung? Dazu Sarah Beer: „Ausgangspunkt ist immer der niedergelassene Mediziner, also Hausärztin oder Hausarzt. Er bzw. sie trifft die Entscheidung, ob eine Person ins Palliativmedizinische Netzwerk gelangt. Ärzte schauen sich Patienten an und können eine sogenannte `Verordnung` für eine Palliativ-Versorgung ausstellen. Eine solche Verordnung kann auch von einer Klinik ausgestellt werden. Die Kostenübernahme findet dann übrigens nicht über die Pflegekasse, sondern über die Krankenkasse statt, weil es sich um eine medizinische Leistung handelt. Personen, die bereits Pflegegeld beziehen, können sich im Rahmen ihrer viermaligen Pflichtberatung pro Jahr ebenfalls zu diesem Themenkreis informieren.“ Auch Mitarbeiterin Anne Kreys ermutigt: „Erste Informationen bekommen Sie im Internet unter www.palliativnetz.net. Wer sich telefonisch beraten lassen möchte, wählt Montag bis Donnerstag von 8 bis 14 Uhr und Freitag von 8 bis 13 Uhr die SAH-Telefonnummer 02403-76-1184.“
Das Angebot des SHP gliedert sich in zwei Bereiche. Die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) ist gedacht für Patienten, die stabil sind und ihren häuslichen Alltag zum großen Teil noch selbständig managen können. Auch hier sind zunächst Hausärztin oder Hausarzt die Verordner. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) richtet sich an Menschen mit sehr hoher Symptomlast, die medizinisch und pflegerisch mit erhöhtem Aufwand betreut werden müssen. Dieses große Rundum-Paket dient Patienten, die etwa eine intensivere Wundversorgung mit eventueller Verabreichung von Schmerzmedikamenten sowie zusätzlich eine hohe psychologische Betreuung benötigen.
Letztere ist wie schon erwähnt ein wichtiger Bestandteil der Arbeit, wie auch Palliativ-Fachkraft Anne Kreys mit ihrer Erfahrung versichert: „Die Arbeit ist manchmal emotional belastend, das ist klar. Aber wir heulen nicht den ganzen Tag rum, sondern lachen auch oft mit unseren Patientinnen und Patienten. `Bezugspflegerische Arbeit` ist so eine spröde Bezeichnung für unsere Tätigkeit, die oft auch so viel Freude bereitet. Palliativ-Pflege ist etwas sehr Positives. Einer der Vorteile ist, dass die Menschen daheimbleiben können und nicht den größten Teil ihrer wertvollen Zeit in einer sterilen Klinikumgebung verbringen müssen.“
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